Drei besonders heikle Fragen

Sie erhöhen in erster Linie das Kariesrisiko; das gilt insbesondere für festsitzende Spangen. Bei sehr kariesaktiven Patienten, bei denen sämtliche Bemühungen, die Mundhygiene zu verbessern, nicht gefruchtet haben, kann dies bedeuten, daß auf eine festsitzende Spange verzichtet werden muß, auch wenn die Zahnstellung sie eigentlich erforderlich macht. Man kann nicht argumentieren, daß man für gerade Zähne sorgt, damit die Zähne später besser sauber gehalten werden können, wenn die Zähne auf dem Weg dahin Löcher bekommen und sich das Zahnbett entzündet.

Die Zahnbeläge, die für die Kariesentstehung und auch für das Zahnfleischbluten verantwortlich sind, sind tückischerweise zahnfarben. Mit speziellen Färbelösungen oder –tabletten kann man sie aber, wie auf dem Bild gezeigt, sichtbar machen; dabei erscheinen die älteren Beläge blau, die jüngeren rot. Man sieht, daß sich die Beläge vornehmlich in der Rille zwischen Zahn und Zahnfleisch sammeln, sowie in den Zahnzwischenräumen.

Man kann sich leicht vorstellen, wieviele Beläge erst auf den Zähnen hängen bleiben, wenn eine feste Spange eingesetzt ist. Deshalb muß die Mundhygiene umso gründlicher erfolgen. Zusätzlich sind spezielle kleine Zahnbürsten erforderlich, wie das nebenstehende Bild zeigt. Ergänzend können Spüllösungen (z.B. Odol med junior) und einmal wöchentlich konzentrierte Fluoridgele (z.B. Elmex Gelée) verwendet werden.

Also stets dran denken: Morgens mittags abends Bürste schwenken! Leider ist die Zahnpflege mit wenig oder keinerlei Lustgewinn verbunden, was es vielen Patienten schwer macht, die Mundhygiene während der gesamten Dauer der Behandlung auf einem ausreichend hohen Niveau zu halten...

Grundsätzlich ja, wenn bestimmte Regeln beachtet werden; bereits bei der Planung muß dieser Aspekt unbedingt im Auge behalten werden; bei der Besprechung der Zahnextraktionen in der Kieferorthopädie klang dies schon an.

Wenn dann die aktive Behandlung beendet ist, wenn z.B. die festsitzende Spange abgenommen wird, ist damit die Behandlung noch nicht abgeschlossen; die Zähne haben zu diesem Zeitpunkt nämlich noch eine besonders große Rückfallneigung, die erst allmählich nachläßt. Der Zahnhalteapparat stabilisiert sich erst nach und nach, was bis zu einem Jahr dauern kann. Bestimmte Fehlstellungen, z.B. Schachtelstellungen oder Lückenstände, können auch über viele Jahre rückfallgefährdet bleiben.

Während dieser "Haltephase" können herausnehmbare Spangen getragen werden, anfangs auch tagsüber. Besonders zuverlässig sind sogenannte geklebte "Retainer", wie im Bild zu sehen. Sie können auch über zehn Jahre und länger im Mund bleiben.

Mittlerweile setzen wir bevorzugt digital erstellte Retainer ein. Diese werden am Computer geplant und dann aus Metallpulver gewissermaßen "3D-gedruckt" (im sogenannten Lasermelting-Verfahren). Diese Retainer sind besonders paßgenau und werden dadurch vom Patienten als angenehmer empfunden. Die Gefahr von Störkontakten beim Zubeißen ist geringer, und nach den bisherigen Erfahrungen ist auch die Defektanfälligkeit zurückgegangen. Erfreulicherweise sind die digital hergestellten "3D-gedruckten" Retainer nicht wesentlich teuerer als konventionelle, von Hand gebogene aus Draht.

Wenn die kieferorthopädische Befunderhebung ergibt, daß umgehend eine Behandlung aufgenommen werden sollte, wird ein Behandlungsplan erstellt. Erfolgt die Behandlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung, muß der Kieferorthopäde den Behandlungsplan bei der zuständigen Krankenkasse einreichen.

Liegt ein genehmigter Behandlungsplan vor, übernimmt die Krankenkasse bei einem Kind 80% der Kosten, bei jedem weiteren Kind, das sich gleichzeitig in kieferorthopädischer Behandlung befindet, 90% der Kosten. Der Eigenanteil des Patienten (20% oder 10%) wird nach Abschluß der Behandlung und gegen Vorlage der Abschlußbestätigung von der Krankenkasse an den Patienten zurückerstattet.

Während der laufenden Behandlung wird für die erbrachten Leistungen alle drei Monate eine Rechnung erstellt, aus der auch die Höhe des jeweiligen Eigenanteils hervorgeht.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist, daß die vorliegende Fehlstellung einen bestimmten Schweregrad haben muß, damit die gesetzliche Krankenkasse die Kosten auch übernimmt. In §29 SGB V sind hierzu genaue Richtlinien erarbeitet worden. Diese Richtlinien wurden zuletzt zum 1. Januar 2002 nochmals verschärft (Kieferorthopädische Indikationsgrenzen, "KIG"; näheres hierzu unter www.kfo-online.de). Der behandelnde Kieferorthopäde muß in jedem einzelnen Fall beurteilen, ob diese Richtlinien erfüllt sind oder nicht. Eine verbindliche Einstufung muß zu dem Zeitpunkt erfolgen, zu dem eine mögliche Behandlung unmittelbar bevorsteht. Wird ein Fall ausgegrenzt, heißt dies nicht zwangsläufig, daß eine Behandlung medizinisch nicht notwendig oder sinnvoll wäre; die Grenzziehung ist willkürlich. Sind die Indikationsrichtlinien nicht erfüllt, erhalten die Eltern, die zuständige Krankenkasse und die Kassenzahnärztliche Vereinigung eine entsprechende schriftlichen Mitteilung. Der Inhalt ist gesetzlich vorgeschrieben. Patient und Eltern müssen in einem solchen Fall entscheiden, ob auch ohne Kostenübernahme durch die Krankenkasse eine Behandlung in Angriff genommen werden soll.

Liegen hingegen ein oder mehrere Befunde vor, die eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse auslösen, so wird, wie bereits oben dargestellt, ein schriftlicher Behandlungsplan erstellt und bei der zuständigen Krankenkasse eingereicht. Im Einzelfall ist eine Begutachtung des Behandlungsplanes möglich, die von der Krankenkasse veranlaßt wird.

Zum ersten Januar 2004 wurden weitere Einschnitte im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen vorgenommen. Diese haben zur Folge, daß auch wenn eine Kassenbehandlung genehmigt wurde, nicht alle in Frage kommenden Spangen oder Varianten von Spangen über die Krankenkasse abgerechnet werden können. Im Einzelfall kann dies bedeuten, daß bestimmte sogenannte "außervertragliche Leistungen" privat bezahlt werden müssen, falls diese gewünscht werden.

Für die Behandlung Erwachsener gilt, daß eine rein kieferorthpädische Behandlung generell nach Vollendung des 18. Lebenjahres nicht mehr von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt wird; danach werden die Kosten nur dann übernommen, wenn die bestehende Abweichung so stark ist, daß sie nur kombiniert kieferorthopädisch und chirurgisch behandelt werden kann.